Frankfurt erlebt eine zunehmende Krise im Einzelhandel. Steigende Mieten setzen viele Geschäfte unter Druck, sodass einige gezwungen sind, ihre Standorte zu wechseln oder zu schließen. Bei einer Diskussionsveranstaltung im Haus am Dom wurde die angespannte Situation des Mietmarktes und mögliche Lösungsansätze erörtert.
Inhaltsverzeichnis:
- Lyda Petzel und der Kampf um ihre Buchhandlung
- Joachim Stoll sieht das Problem anders
- Widerstand aus der Politik gegen hohe Gewerbemieten
- Leerstand gezielt bekämpfen
Lyda Petzel und der Kampf um ihre Buchhandlung
Ein konkretes Beispiel für die Problematik lieferte Lyda Petzel, die Inhaberin der Buchhandlung „Land in Sicht“ im Stadtteil Nordend. Sie musste ihr Geschäft verlegen, weil die Miete nach einer Erhöhung nicht mehr tragbar war. In der Veranstaltung „Aktuelles Forum“ berichtete sie von ihren Erfahrungen. In ihrem alten Mietvertrag habe es keinen Kündigungsschutz gegeben. Selbst wenn ein Unternehmen insolvent gehe, bedeute das nicht zwangsläufig eine mietfreie Beendigung des Vertrags. „Wir mussten ordentlich zahlen, um umzuziehen“, sagte Petzel.
Georg Leppert, Moderator der Diskussion und Leiter des Lokalteils der „Frankfurter Rundschau“, hob hervor, dass viele Einzelhändler fürchten, ihre Geschäfte zu verlieren. Das liege oft daran, dass Vermieter die Mieten stark anheben oder gar Kündigungen aussprechen.
Joachim Stoll sieht das Problem anders
Joachim Stoll, Vize-Vorsitzender des Handelsverbands Hessen, zweifelte an der These, dass steigende Mieten die Hauptursache für Geschäftsaufgaben seien. Seiner Meinung nach müssten Unternehmen wirtschaftlicher arbeiten. Er sprach sich klar gegen staatliche Regulierungen auf dem Mietmarkt aus.
Zudem verwies Stoll auf den hohen Leerstand in Frankfurt, der seiner Meinung nach zeige, dass ein ausreichendes Angebot an Gewerbeflächen vorhanden sei. Ein direkter Zusammenhang zwischen steigenden Mieten und der Leerstandsquote sei für ihn nicht erkennbar.
Widerstand aus der Politik gegen hohe Gewerbemieten
Simon Witsch, Stadtverordneter für die SPD, stellte sich gegen Stolls Argumentation. Er betonte, dass es kaum Regulierungen im Bereich der Gewerbemieten gebe und dies dringend geändert werden müsse. Frankfurt habe vor 25 Jahren durch den massiven Verkauf von Immobilien Fehler gemacht. Nun müsse die Stadt gegensteuern.
Die Grünen im Ortsbeirat 2 fordern, dass sich Frankfurt gemeinsam mit anderen Großstädten und dem Deutschen Städtetag für eine Reform des bundesweiten Gewerbemietrechts einsetzt. Besonders kleinere und mittlere Einzelhandelsbetriebe, Gastronomien und soziale Einrichtungen müssten besser geschützt werden.
Leerstand gezielt bekämpfen
Witsch schlug zudem vor, dass Frankfurt selbst Gewerbeflächen zurückkaufen und verwalten könnte. Allerdings verwies er auf frühere Misserfolge der Stadt in dieser Hinsicht, beispielsweise bei den Objekten Ratskeller, Paradieshof und Steinerne Haus. Eine Lösung könnte sein, die Verwaltung dieser Flächen an die städtische Wohnungsgesellschaft ABG zu übertragen.
Aus dem Publikum meldete sich Carola Scholz, Grünen-Vertreterin im Ortsbeirat 2 in Bockenheim. Sie kritisierte, dass die Stadt nicht genug gegen Leerstand unternehme. Ihrer Meinung nach könne Frankfurt gezielter steuern. Dennoch betonte sie, dass die Frankfurter Bevölkerung zusammenhalte. Als Petzel ihre Buchhandlung verlegte, halfen 150 Menschen beim Umzug, indem sie Bücher trugen.
Quelle: fr.de